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Ständig Streit mit den Kölnern

Ständig Streit mit den Kölnern

WESTFÄLISCHE HEIMATBLÄTTER,
Freitag, 13. Mai 2022

Jörn Funke

Ein biografisches Handbuch widmet sich den Grafen von der Mark.

Hamm – Auf dem Marker Burghügel steht wieder ein Thron für die Grafen. Ein Quader als Sitz, eine Stahlplatte als Lehne, ein hübsches Stück Symbolik für eine vor mehr als 400 Jahren ausgestorbene Fürstenfamilie, die dort vor mehr als 600 Jahren residierte. Wer diese Grafen von der Mark waren, erläutert jetzt ein umfangreiches Handbuch.

Die Herausgeber gelten als Fachleute für das Spätmittelalter an Rhein und Ruhr. Dietrich Thier ist Archivar in Wetter und im Ennepe-Ruhr-Kreis, Stefan Pätzold leitet das Stadtarchiv in Mülheim an der Ruhr. Pätzold hatte bereits 2018 einen Sammelband über die Sozial- und Kulturgeschichte des Grafenhauses herausgegeben und zahlreiche Artikel zum Thema verfasst.

Dass so ein Handbuch erst jetzt erschienen ist, mutet erstaunlich an. Schließlich gehörten die Märker im Mittelalter zu den einflussreichsten Herrschern im Westen. Ihr Gebiet umfasste Ruhrgebiet und Sauerland, später kamen noch Niederrhein und Teile Ostwestfalens dazu – eine Art mittelalterliches Nordrhein-Westfalen. Von besonderem Interesse ist dabei natürlich Adolf I. von der Mark, Gründer der Stadt Hamm und Begründer der Dynastie. Der Sohn eines Grafen von Altena erwarb oder errichtete – das ist nicht so ganz klar – Ende des 12. Jahrhunderts die Burg Mark und nannte sich als erster Graf von der Mark.

Viele Punkte seiner Biografie bleiben nebulös, wie Pätzold feststellt. Adolfs Leben erschließt sich über erhaltene Urkunden und vor allem über die „Chronik der Grafen von der Mark“ des Levold von Northof (1279-1359). Levold stammte aus Pelkum, lebte in Lüttich und stand in märkischen Diensten. Seine Chronik, die mehr als 100 Jahre nach Adolfs Tod entstand, vermittelt nur ein blasses Bild des Dynastie-Gründers. Vieles an Adolfs Wirken ist deshalb Interpretation. Die zentrale Frage seiner Herrschaft ist wie bei seinen Nachfolgern das Verhältnis zum Erzbischof von Köln, dem mächtigsten geistlichen und weltlichen Herrscher im mittelalterlichen Westdeutschland. Adolf konnte offenbar gut mit den Kölnern, besonders mit Engelbert I. (1185/86-1225) und seinem Nachfolger Heinrich von Molenark (1198-1238). Als Engelbert im Zuge von Machtstreitigkeiten 1225 ermordet wurde, verstand Adolf es durch Parteinahme für Köln, gestärkt aus den folgenden Auseinandersetzungen hervorzugehen. Die Gründung Hamms am 4. März 1226 gehörte zu seinem Herrschaftsanspruch.

Alle Nachfolger Adolfs mussten ihr Verhältnis zu Köln definieren und standen den Erzbischöfen eher feindlich gegenüber. Gräfliche Biografien, soweit sie sich rekonstruieren lassen, sind da manchmal eine nicht enden wollende Folge von Fehden. Höhepunkt der märkisch-kölnischen Auseinandersetzung dürfte die Schlacht von Worringen 1288 gewesen sein, die der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg gegen eine rheinisch-westfälische Adelsallianz verlor. Die Rolle Graf Eberhards II. dabei wird im Sammelband leider ziemlich kurz abgehandelt. Umfangreich dargestellt wird dagegen das Wirken Engelberts III., dessen Blick schon deutlich in Richtung Niederrhein ging.

Aus den Grafen von der Mark wurden schließlich die Herzöge von Kleve. Als das Haus Kleve-Mark mit Johann Wilhelm ausstarb, fielen die Ländereien an die Kurfürsten von Brandenburg, die späteren Könige von Preußen. Das vorliegende Handbuch schließt mit Johann III. und der beginnenden Neuzeit. Es setzt eine gewisse Kenntnis der Geschichte des Spätmittelalters voraus, ist aber überaus wichtiger Beitrag zu einer sonst nur kurz beleuchteten Epoche der Hammer Stadt- und Regionalgeschichte.